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WIE ICH ARBEITE

Die Collagen entstehen aus Dingen, die ich finde. Nein, die mich finden. Aber nicht dezidiert gesucht werden. Papierschnipsel, Plastik-, Holz-, Metallteilchen. Einkaufslisten, Nachrichten auf „fremden“ Zetteln landen in meinem Netz. Fragmente, verkleinerte Entsprechungen – Imaginationen meiner Welt(en). Dieses FREMDE ist schön, sinnlich. Exakt meins.

Verwende nur selbst Gefundenes. Alle Fundstücke bleiben immer und in jedem Fall unverändert, streng im aufgefundenen Originalzustand. Nichts wird gereinigt, gefaltet, geschnitten, oder sonst irgendwie manipuliert. Niemals! Die Dinge tragen Geschichte(n)
ja bereits in sich. Im kreativen Schaffensprozeß ich dann ihr Medium und sie meins.
Bildtitel schreibe ich linkshändig, obwohl schnelle Rechtshänderin.
Rahmen und Unterpapier immer weiß wie Grönland´s EIS.

Für die short porno-Serie (derzeit nur auf meiner webpage zu sehen, nicht in dieser Ausstellung), verwendete ich gefundene Einkaufslisten, Zettel, Memo´s. Kombinierte diese mit Fotos aus Sexshop-Katalogen plus eigenem Text in Englisch.
Kurzgeschichten mit viel ROCCO (Siffredi), aber vor allem großartigen, wilden, sinnlichen und sehr selbstbestimmten Frauen, die ganz genau wissen, was sie wollen und es sich lustvoll nehmen. Texte genau lesen!

Mein Leben lang bis an die Schmerzgrenze VISUELL. Viele Augen in mir gleichzeitig zu bewältigen. Fundstücke helfen. Sind gute Zeichen, Koordinaten, Totems und Wegweiser im Stadtdschungel, zu Ausfallstraßen unter freiem Himmel und zurück. Pure Originale. SPUREN anonymer Chroniken mir völlig unbekannter Menschen und nun Teil meiner eigenen Geschichte(n): Gegenstände, Orte, Träume, BILDER, Geheimnisse, Reisen, Sex und Tod.
An keinem Tag weiß ich, was mich findet, welche Geschichten aus den Fundstücken entstehen. In heftigen Arbeitsphasen träume ich manchmal ihre möglichen Verbindungen.
Schönheit, Präsenz & Kräfte der einzelnen Fundstücke, wenn sie mit anderen zusammen kommen, lässt mich immer wieder staunen. Kann mir kein besseres, spannenderes, schöneres und sinnlicheres Arbeitsmaterial vorstellen!
Beim Arbeiten zwischen hunderten von Einzelteilen und mir eine Art geheime, aber äußerst intensive Kommunikation. Spannende Dialoge, stille Abmachungen und am Ende ein BILD.
Die Fundstücke sind Wegweiser und Leitsystem, weisen der leidenschaftlichen Spurenleserin in mir den Weg. Folge den tracks entlang meiner inneren und äußeren Wander-, Irr- und Lustwege. Fundstücke und Collagen schaffen Raum für Träume, führen oft das Unerträgliche ad absurdum, verdichten, vergrößern die Welt, machen diese durch ihre stille, intensive und klare Präsenz zu einem surrealen, spannenden, schönen, sinnlich-lustvollen - aber auch erschreckenden, bedrohlichen, gewalttätigen und viel zu lauten Ort. Wochenlange, hochkonzentrierte, nächtliche Arbeitsphasen ohne Ablenkung, oft bis zum Morgengrauen, wechseln mit dem Gegenteil ab. Verschwinden. Auftauchen. Abtauchen. Fundstücke.
Irgendwann neue Bilder.
Vor bald 20 Jahren wurden aus meinen ersten Fundstücken private, kleine Collagen von EISBERGEN. Sie brachten mich auf ganz neue Wege und zur Kunst als Beruf.
Tatsächlich aber auch ganz real ins EIS. Wir haben uns viel zu verdanken.
JAPAN möglicherweise.

© Barbara Vögel